Mit meinem vorherigen Video habe ich Ihnen die Ausbildungsduldung nach § 104c AufenthG vorgestellt.
Heute kommen wir zu der Frage: Was passiert danach, wenn ich die Ausbildung absolviert habe? Welche Aufenthaltserlaubnis kann ich bekommen? Und welche Voraussetzungen muss erfüllen?
Sie erfahren hier:
1. welche Voraussetzungen muss ich für die AUFENTHALTSERLAUBNIS FÜR QUALIFIZIERTE GEDULDETE ZUM ZWECK DER BESCHÄFTIGUNG nach § 19d AufenthG erfüllen?
2. welche anderen Aufenthaltserlaubnisse kommen noch für mich in Betracht?
Zur Vereinfachung werde ich das Wort AUFENTHALTSGESETZ weglassen, wenn ich Paragraphen nenne.
Vorab: wir reden hier über den so genannten SPURWECHSEL. Es geht um den Wechsel von Duldung in Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis hat – im Gegensatz zur Duldung – sehr viele Vorteile für den langfristigen Aufenthalt in Deutschland für Sie und für Ihre seine Familie.
Sie können zum Beispiel in Zukunft eine Niederlassungserlaubnis erhalten, oder auch den Deutschen Pass.
Nun zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 19d:
1. der Wortlaut des Gesetzes richtet sich an GEDULDETE Ausländer. Also Ausländer, die bei Antragstellung eine Duldung besitzen. Welche Art von Duldung ist egal.
Über den Wortlaut hinaus gilt die Vorschrift auch für Ausländer, deren Asylverfahren noch läuft, die sich also noch im Status der GESTATTUNG befinden.
2. Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung oder eines Hochschulstudiums in Deutschland. Zum Beispiel Abschluss einer Ausbildung zum Lagerist, Friseur und so weiter
Es gibt noch weitere Alternativen, die an eine längere Vorbeschäftigung in einem qualifizierten Beruf anknüpfen, die aber in der Praxis selten vorkommen und ich hier überspringe.
3. Beschäftigung, die der beruflichen Qualifikation entspricht. Es muss ein enger Zusammenhang zwischen Ausbildung und der Tätigkeit bestehen. Der gelernte Lagerist soll nicht als Kurierfahrer arbeiten.
An dieser Stelle stellt sich in der Praxis zum Beispiel das Problem, dass der Ausländer aus gesundheitlichen Gründen seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann. Lagerist mit Rückenschaden. Friseur mit Haarallergie.
Das Gesetz erlaubt bei § 19d erst nach zwei Jahren jede Beschäftigung, die in keinem Zusammenhang mit dem Ausbildungsberuf steht.
In dieser Situation kann zum Beispiel ein Wechsel auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a oder §25b nötig sein, dazu später mehr.
Zurück zu den Voraussetzungen nach § 19d:
4. ausreichend Wohnraum
5. ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, also Deutsch der Stufe B1
6. keine vorsätzliche Täuschung der Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände; Ausschlussgrund kann zum Beispiel Identitätstäuschung sein.
7. keine vorsätzliche Verzögerung oder Behinderung behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung; typischer Fall: längeres Untertauchen in der Vergangenheit
8. keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen
9. keine Verurteilung wegen einer in Deutschland begangenen vorsätzlichen Straftat. Grundsätzlich unerheblich sind Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nur von Ausländern begangen werden können. Das sind typischerweise Straftaten, die an das Fehlen der Aufenthaltserlaubnis anknüpfen.
Dies sind also zusammengefasst die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis nach § 19d.
Aber welche Möglichkeiten habe ich abgesehen von § 19d noch, wenn ich eine Ausbildungsduldung besitze?
Es kommen vor allem die Aufenthaltserlaubnisse für gut Integrierte Ausländer nach § 25a und 25b in Betracht. Das ist zum Beispiel interessant, weil jede Art von Beschäftigung erlaubt ist, und nicht nur die aus dem Ausbildungsberuf.
Die Voraussetzungen von §§ 25a und 25b werde ich in einem anderen Video besprechen.
Einige Ausländerbehörden sind der Meinung, dass § 19d den §§ 25a und 25b vorgehe. Wer seine Ausbildung mit der Duldung abgeschlossen habe, müsse stets § 19d erfüllen und beantragen.
Das sehen wir nicht so. Denn:
1. es gibt keinen Anhaltspunkt aus dem Gesetzeswortlaut.
2. Das Gesetz erlaubt den Besitz mehrerer Aufenthaltserlaubnisse, Sie können also § 19d und §§ 25a oder 25b beantragen, und
3. uns liegt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vor, das dem Ausländer § 25a bestätigte, obwohl dieser auch § 19d erfüllt hätte
Daher sollten Sie sich von der Ausländerbehörde nicht auf 19d verweisen lassen, wenn Sie eigentlich § 25a oder 25b beantragen. Oder umgekehrt.
Ob der Ausländer nach Erhalt der Aufenthaltserlaubnis nach § 19d auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 18a, die Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft mit Berufsausbildung, wechseln kann, ist noch nicht geklärt. Ein Vorteil wäre: die Niederlassungserlaubnis winkt schon nach vier anstatt nach fünf Jahren.
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