Strenge europäische Einreisebeschränkungen für Chinesen – was passiert in Zukunft?

Die Deutsche Botschaft und andere europäische Botschaften in China verhängen seit über einem Jahr sehr strenge Einreisebeschränkungen für Chinesen. Hier erfahren Sie die Gründe, und ob und wann sich daran etwas ändern wird.

Wen betreffen die Einreisebeschränkungen?

Die Einreisebeschränkungen betreffen nur Chinesen, die von Europäischen Botschaften von China aus Visa beantragen. Beantragen Chinesen Visa bei Europäischen Botschaften in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA oder Australien, gelten die Einreisebeschränkungen nicht.

Die Beschränkung der Visaerteilung zu folgenden Reisezwecken ist betroffen:

  • Schengen-Visa (also kurzfristige Besuch-Aufenthalte) zu touristischen Zwecken, geschäftlichen Zwecken
  • Nationale Visa (also langfristige Aufenthalte) zur Beschäftigung (Arbeitserlaubnis, Blaue Karte EU, ICT Karte …)

Folgende Reisezwecke sind weiterhin ohne Beschränkung möglich:

  • Schengen-Visa zu dringlichen familiären Besuchen oder sonstigen privaten Zwecken
  • Nationale Visa zur selbständigen Tätigkeit, Familienzusammenführung, Studenten, Visum zur Wiedereinreise nach Verlust der Aufenthaltserlaubnis während Aufenthalt in China

Hinweis der Kanzlei Sonnenberg: auch bei den unbeschränkten Reisezwecken schafft die Botschaft erhebliche Verzögerungen durch Einführung neuer Anforderungen oder Prüfungen, die es zuvor nicht gab. In den Checklisten der Botschaft sind viele Bedingungen formuliert, die unklar sind und in der Praxis im Einzelfall geprüft werden. Man muss sich auch hier auf längere Verfahrensdauer und mehr Rückfragen einstellen und darf die Geduld und den Ehrgeiz nicht verlieren.

Worin bestehen die Einreisebeschränkungen?

Die Visumerteilung zu geschäftlichen Zwecken oder zur Arbeit in Deutschland ist nur noch möglich, wenn

„… ein wichtiges Interesse Deutschlands an der Einreise des Betreffenden besteht. Dieses Interesse kann z.B. bestehen in der regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens, seiner Vernetzung im Rahmen von (Zu-)Lieferketten oder in der Anzahl geschaffener Arbeitsplätze.“

So lautet die offizielle Begründung der beteiligten Behörden. Die Botschaften verlangen daher

„ein Unterstützungsschreiben von deutschen Bundes- oder Landesbehörden, das ein wichtiges Interesse Deutschlands an der Einreise des Betreffenden attestiert.“

Die Beschaffung des Unterstützungsschreibens ist daher zurzeit das Hauptproblem für jeden Visumantrag zur Geschäftsreise oder zur Arbeit in Deutschland.

Vorzulegen ist ferner ein „Präsenzschreiben“ des Arbeitgebers oder Geschäftspartners, das die Dringlichkeit der Reise aus deren Sicht begründet.

Die Visumerteilung zum Besuch von Familienmitgliedern erfolgt sehr restriktiv. Es sind dringende Gründe erforderlich, wie zum Beispiel die Geburt eines (Enkel-)Kindes in Deutschland. Und selbst dann wird das Visum nicht mehr wie früher für 90 Tage erteilt, sondern nur für 30 Tage.

Hinweis der Kanzlei Sonnenberg: oftmals ist die Verlängerung des 30-Tage Schengen-Visums dann vor Ort bei der Ausländerbehörde auf 90 Tage möglich. Viele Ausländerbehörden sind nicht so streng wie die Botschaft. Denken Sie daran, die Reisekrankenversicherung entsprechend zu verlängern.

Praxisbericht des Anwalts: Chinesische Arbeitgeber besonders betroffen

Besonders starke praktische Auswirkung haben die Einreisebeschränkungen für chinesische Arbeitgeber in Deutschland. Die Anforderung des Unterstützungsschreibens macht es ihnen praktisch nur noch im Einzelfall möglich, Personal von China nach Deutschland zu entsenden.

Bei der Vergabe des Unterstützungsschreibens hat jedes Bundesland seine eigene Praxis. Während beispielsweise Hamburg und Bayern besonders streng sind, sind Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen großzügiger. Das weiß aber auch die deutsche Botschaft in China, die wiederum die Schreiben besonders kritisch prüft.

Es ist aber weiterhin möglich, Visa zur Arbeit zu erhalten, man braucht nur mehr Ausdauer. Zudem ist zu beobachten, dass global tätige Chinesische Unternehmen dazu übergehen, Chinesen aus Niederlassungen in Ländern als China nach Deutschland zu versenden. Denn dann gelten die Beschränkungen nicht.

Können Chinesische Unternehmen weiterhin eine Tochtergesellschaft, zB GmbH in Deutschland gründen?

Die Erteilung eines Visums zur Geschäftsreise ist in der Regel nicht mehr möglich. Dadurch können Investoren erforderliche Termine wie einen Notartermin oder einen Banktermin in Deutschland nicht mehr wahrnehmen. Trotzdem ist die Gründung der Gesellschaft weiterhin möglich. Denn Beurkundungen können bei der Deutschen Botschaft in China vorgenommen werden. Und die Identifizierung des Bankkontoinhabers kann bei ausgewählten Banken inzwischen per Videokonferenz erfolgen, sodass keine Vorsprache in Deutschland bei der Bank nötig ist.

Warum verhängen die Europäischen Länder Einreisebeschränkungen gegen Chinesen und wie lange noch?

Die Europäischen Einreisebeschränkungen sind eine Reaktion auf die chinesischen Einreisebeschränkungen für Europäer und andere Ausländer. China hat seine strengen Einreisebeschränkungen infolge der COVID19 Pandemie eingeführt und nicht mehr gelockert, als sich die globale pandemische Lage entspannte und Deutschland und Europa nicht mehr als Hochrisikogebiet galten. Europäische Unternehmen konnten ihr Personal trotzdem immer noch nicht nach China schicken und sind dadurch sehr stark wirtschaftlich betroffen. Einen Grund für die chinesischen Beschränkungen gab und gibt es aus ihrer Sicht nicht mehr. Es wären auch geringer einschränkende Mittel wie Quarantäne und Tests möglich. Sie machten Druck auf die zuständigen Europäischen Ministerien, es mit China gleichzutun und Reisebeschränkungen einzuführen, bis China seine Beschränkungen fallen lässt. So ist die Situation heute.

Dass dies nicht zwingend so sein muss, zeigen zum Beispiel die USA. Ihre Bürger fallen wie die Europäer unter die chinesischen Einreisebeschränkungen. Die USA haben aber im Gegenzug keine Einreisebeschränkungen eingeführt.

In Deutschland hat das Bundeswirtschaftsministerium den Bundesländern die Anweisung erteilt, bei der Vergabe der Unterstützungsschreiben besonders streng zu sein. Dies wird jedoch unterschiedlich umgesetzt, weil einige Standorte eine china-freundlichere Politik haben als andere bzw. ihnen chinesische Inverstoren wichtiger sind als andernorts. Zunehmend scheint auch die Erkenntnis zu reifen, dass es so nicht weitergehen kann und sich die deutschen Wirtschaftsstandorte am Ende selber schaden, wenn sie beispielsweise den Zuzug von Fachkräften aus China unterbinden.

Ein politischer Kurswechsel ist nicht in Sicht. Weder ist zu erwarten, dass China seine Einreisebeschränkungen lockert, noch dass Europa seine Antwort darauf ändert. Die Kanzlei Sonnenberg geht daher zurzeit davon aus, dass die Einreisebeschränkungen im Jahr 2022 nicht gelockert werden.