Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, willkommen zum Kanal der Rechtsanwaltskanzlei Sonnenberg aus Düsseldorf!
Heue möchte ich über den Beschluss der Bundesregierung zum zweiten Migrationspaket vom 23. Juni 2023 berichten. Zweck ist insbesondere die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland.
Die gute Nachricht: die Familienzusammenführung für Ihre Eltern und Schwiegereltern wird deutlich vereinfacht, wenn Sie als Ausländer in Deutschland leben und arbeiten. Die schlechte Nachricht: Sie haben eine Ausrede weniger, falls Sie Ihre Eltern oder Schwiegereltern lieber auf Distanz halten möchten.
Diese neue Vereinfachung gilt, wenn Sie in Deutschland als ausländische Fachkraft oder in Führungsposition arbeiten.
Wir erinnern uns: bisher war die Familienzusammenführung nur für die KERNFAMILIE so einfach möglich. Das waren Ehegatten und minderjährige Kinder.
Die Familienzusammenführung für Eltern und Schwiegereltern war bisher nur in HÄRTEFÄLLEN vorgesehen. Dies waren Umstände, die man sich nicht wünscht, und die meist auch nicht erfüllt waren. Beispiel: die Eltern leben allein im Ausland und sind pflegebedürftig, aber es gibt dort Altenheime. Das reicht für einen Härtefall nicht aus.
Aber das ist nun egal. Ein Härtefall ist nicht mehr erforderlich.
Der neue Auszug aus dem Gesetz, also § 36 Abssatz 3 AufenthG lautet, ich zitiere frei:
Den Eltern eines Ausländers, dem am oder nach dem 1. März 2024 erstmals eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder … es folgen weitere Aufenthaltstitel …. oder eine Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, oder als Selbständiger erteilt wird, kann eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt werden; dies gilt auch für die Eltern des Ehegatten, wenn dieser sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält.
Ich möchte einige Besonderheiten dieser neuen Vorschrift betonen:
STICHTAG: die Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit des so genannten STAMMBERECHTIGTEN, also des in Deutschland arbeitenden Ausländers, darf erst ab dem 01. März 2024 ERSTMALIG erteilt werden.
Dies verdeutlicht den Willen des Gesetzgebers, NEUE Arbeitskräfte anzuwerben. Wer sich bereits jetzt schon in Deutschland zum Arbeiten aufhält, muss nicht mehr angeworben werden.
Diese Person darf also ihre Eltern und Schwiegereltern nicht mehr holen?
Vielleicht doch! Denn wer sich zuvor zu einem ANDEREN Zweck in Deutschland aufhielt, zum Beispiel zum Studium, kann den Stichtag einhalten, wenn die Person eben erst ab März 2024 eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung erhält.
Liebe Studenten. Wenn ihr gerade Euer Studium beendet habt und schon ein Jobangebot habt, herzlichen Glückwunsch! Überlegt Euch gut, ob Ihr jetzt schon die Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung beantragt. Nehmt vielleicht besser erstmal die Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche und wechselt zur Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung erst ab März 2024. Euer Nachteil: Die Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche zählt nicht für die Niederlassungserlaubnis.
Oder was ist mit Ehegatten von Deutschen oder Ausländern, die bisher eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung haben? Denkbar ist, dass sie ab März 2024 eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung beantragen. Dann können vielleicht die Eltern kommen.
Das geht auch, wenn der Ehegatte schon eine Niederlassungserlaubnis hat. Er muss diese nicht abgeben beziehungsweise gegen die Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung tauschen. Denn es ist erlaubt, mehrere Aufenthaltserlaubnisse zu besitzen.
ABER ACHTUNG: Ermessen. Es besteht kein Anspruch. Die Aufenthaltserlaubnis für die Eltern KANN erteilt werden. Muss aber nicht. Daher kann ich mir vorstellen, dass es schwierig wird, wenn sich der STAMMBERECHTIGE Ausländer schon vor März 2024 in Deutschland aufgehalten hat. Denn dann wird der Gesetzeszweck, diese Person nach Deutschland zu locken, nicht erfüllt.
MEINUNG: Die Stichtagsregelung ist falsch. Denn es sollten auch die Fachkräfte privilegiert werden, die schon hier sind, damit sie bleiben.
PERSONENKREIS DER ERWERBSTÄTIGEN: Das Privileg genießen nicht nur Fachkräfte, sondern auch zum Beispiel Selbständige oder angestellte Geschäftsführer, die nicht unbedingt eine Qualifikation als Fachkraft haben. Ob das ein Segen ist, wird sich zeigen. Denkbar ist auch, dass die Vergabe des Visums für den Erwerbstätigen durch die Botschaft im Ausland strenger erfolgt.
KRANKENVERSICHERUNG: in der Praxis wird die Krankenversicherung der Eltern ein Problem werden. Eine private Krankenversicherung wird aufgrund des hohen Alters sehr teuer sein. Der Eintritt in eine gesetzliche Krankenversicherung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Am einfachsten ist es, wenn einer der Eltern selber eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt. Eine Arbeitserlaubnis ist in der Aufenthaltserlaubnis ja enthalten.
Andernfalls erfolgt eine schwierige Prüfung der gesetzlichen Krankenkasse nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V, ob die Krankenkasse die Person aufnehmen muss. Vermutlich wird schon die deutsche Botschaft im Ausland bei Stellung des Visumantrags der Eltern eine Zusage der Krankenversicherung anfordern, um Risiken der Versicherungslosigkeit zu vermeiden.
GELTUNGSDAUER: Die Aufenthaltserlaubnis der wird längstens für den Gültigkeitszeitraum des Aufenthaltstitels des Stammberechtigten erteilt. Sie erlischt akzessorisch zum Titel des Stammberechtigten.Möglich ist aber auch der Zweckwechsel, dass die Eltern zum Beispiel später selber eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung beantragen. Zudem können die Eltern später auch eine Niederlassungserlaubnis nach den allgemeinen Regeln bekommen.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, vielen Dank, dass Sie uns besucht haben. Falls Sie Fragen haben, kontaktieren Sie uns gerne. Ich würde mich freuen, Sie hier bald wieder begrüßen zu dürfen, Ihr Rechtsanwalt Simon Sonnenberg